Gabriele Schleuning
Prien und München
Psychiaterin
Vita
Studentische Rebellin zwischen Reform und Revolution: Normalität und Wahnsinn, Angepasst sein und Auflehnung, Unterdrückung und Macht – das sind die Spannungsfelder, die die Studentenbewegung und im Gefolge auch mich umtreiben, das sind die großen gesellschaftlichen Themen, die meinen Weg in Richtung Psychiatrie bahnen. Denn dort spielt sich offenbar im Kleinen Ähnliches ab.
Nach ersten Begegnungen mit der „Welt der Ausgeschlossenen“ richtet sich mein Blick hin zum Einzelnen und seinen Beziehungen: auf die Phänomene von Anderssein, Fremdsein, Ausgrenzung und Dazugehören, auf das Machtverhältnis in therapeutischen Beziehungen und Institutionen, auf das Wechselspiel von Körper, Seele und Geist beim Verstehen auf Behandeln seelischer Erkrankungen, aber auch auf die Tabuzone zwischen Psychiatrie und Gesellschaft.
Reform? Revolution? Ich bin in einer Zeit angekommen, in der alles möglich scheint.
In den 80iger Jahren, mittlerweile Fachärztin, kann ich viele der Ideen und Konzepte, die diesen Gedanken entspringen und in Italien, Frankreich, Kalifornien und andernorts bereits erprobt sind, mit umsetzen. Wandel und Umbruch in der Psychiatrie sind nicht mehr aufzuhalten.
Die „Anstalt“ öffnet sich, ihre vormaligen Insassen werden Zug um Zug der Gemeinde zurückgegeben, Behandlungsalternativen sind gefragt.
Beruflicher Lebenstraum — Auf diesem Hintergrund erfüllt sich mein beruflicher Lebenstraum: das Atriumhaus, Psychiatrisches Krisenzentrum inmitten der Stadt München, ein Haus mit stets offenen Türen für Menschen mit seelischen Krisen jeder Art, dessen Chefärztin von 1994 bis 2018 war.
„Krise statt Krankheit“, „Hoffnung statt Schicksal“, „Verhandeln statt Behandeln“, Dialog und Behandlungspartnerschaft, Aufklärung und Entstigmatisierung, Prävention und Frühbehandlung, Angehörige dabei, Empowerment, Resillienz und Recovery sind meine Themen.
Neben der therapeutischen Arbeit referiere, berichte und erzähle ich auf Veranstaltungen und Kongressen über unsere Erfahrungen, initiiere und koordiniere Studien, veröffentliche in Zeitschriften und Fachliteratur, engagiere mich in Aktionsbündnissen und Planungsrunden für eine offene, soziale und kritische Psychiatrie.
Reisen, Erkunden und Staunen — Meine Lust am Erkunden und meine Freude am Staunen, aber auch das Jonglieren mit Rollen und meine eigene Widerstandsfähigkeit trainiere ich auf Reisen in Asien und Afrika.
Für das Aushandeln und den Austausch im Zwischenmenschlichen sind mir die vielgestalteten Landschaften von Familie und Freunden das immer bewegte Übungsfeld.
Säen und Ernten — Quasi zum krönenden Abschluss meiner Laufbahn als Psychiatrie-Chefärztin bündle ich die Energie und das Erfahrungswissen einer prall vollen Ära Psychiatrie in der 2016 neu eröffneten Klinik Fürstenfeldbruck: ein innovatives Programm, das den psychisch leidenden Menschen im wahrsten Sinne des Wortes entgegenkommt.
Säen und Ernten, Geben und Nehmen und Zug um Zug die Kenntnisse und die Leidenschaft an andere weitervermitteln
Partnerin für seelische Gesundheit — „Seelische Krisen und Krisenhilfe“, „Aktiv für mehr seelische Gesundheit in Familien, Beruf und Gesellschaft“ und ein nicht mehr ganz so rebellisches, aber nach wie vor leidenschaftliches Engagement für (fast) alle Fragen rund um die Psychiatrie, das bleiben meine Themen. Dafür stelle ich meine Expertise zur Verfügung: in Vorträgen, Interviews, Diskussionen und Texten. Laut oder leise, für Professionelle oder Laien, dann, wenn ich gerade nicht im Fluss des Lebens rudere oder schwimme.
Jede/r fühlt sich mal alt. Aber die Frage ist: wie alt?
In Anbetracht der Zeitzeugenschaft und im gefühlten, erkundeten, eroberten Leben: alt wie eine Schildkröte.
Was ist das Beste im Alter?
Schau zurück nach vorn.
Was vermissen Sie?
Das der Reife gewichene Ungestüm.
Auf was sind Sie stolz?
Dass ich am Ende doch immer "die Kurve gekriegt" habe.
Was hätten Sie gerne früher erfahren?
Die Schönheit der 2-samkeit.
Was machen Sie am liebsten?
Mit sieben Bällen gleichzeitig jonglieren.
Was können Sie am besten?
Weben, knüpfen, spinnen.
Was wollen Sie gerne mal machen?
Ein Sommerlager mit Familie und Freunden auf der Alm.
Was ist Ihnen wirklich wichtig?
In die Sonne schauen.
Wo würden Sie gerne drüberstehen?
Über Beeinträchtigung durch Nebensächlichkeiten.
Was möchten Sie der Welt sagen?
Leben ist Vielfalt, Bewegung und Veränderung.
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