Wolfgang Baier
Husum
Autor
Vita
Im Schwäbischen bin ich geboren, dort zur Schule gegangen, habe ich Abitur gemacht (1946, Schwäbisch Gmünd, 1966), dann Studium der Germanistik und Geographie für das Höhere Lehramt (Tübingen). Es lockte die echte Ferne, zum ersten Mal. Ein Kontrastprogramm zur Schwäbischen Alb sollte es sein: Husum, die Stadt Theodor Storms, an der Nordfriesischen Nordseeküste (1974). Acht Jahre später ein extremer Wechsel, horizontal wie vertikal: 11 000 km und von 0 m über Normalnull auf 2.300 m an die Deutsch-Peruanische Schule ‚Max Uhle‘ in Arequipa (1982). Es wurden acht Jahre, drei davon als Schulleiter. Sie sollten mich prägen.
Zurück in Deutschland. Nach Niebüll, wo die Touristen ihre Autos auf den Autozug nach Sylt laden, war ich versetzt worden. Eine gemütliche Kleinstadt bot konfliktfreies Unterrichten. Der Drang aber, sich wieder in den Trubel des Auslandsschuldienstes zu stürzen, war nicht zu bremsen. Er wurde 1998 gestillt. Ich übernahm das Colegio Andino – Deutsche Schule Bogotá/Kolumbien als Schulleiter. Abermals acht Jahre, aber noch höher hinaus: 2.800 m. Auch sie sollten unvergesslich werden. Aber anders. Schulleben in einem Land voller Drogen und Gewalt. Wieder zurück in Deutschland 2006: Bildungsministerium Schleswig-Holstein, Referent für den Auslandsschuldienst.
Die Musik ist der rote Faden, der mit den Jahrzehnten meines Lebens verwoben ist: Klavier lernen, wie der Vater, später das Orgelspiel, zehn Jahre Sängerknabe in meiner Heimatstadt. In Husum treffe ich auf musikbegeisterte Kollegen. Wir gründen ein Renaissancekonsort. Jahre später am Colegio Max Uhle kann der Leiter der Grupo Goethe sein Glück kaum fassen, ein komplettes Krummhornquartett und einen geübten Chorsänger willkommen zu heißen. An der Friedrich-Paulsen-Schule in Niebüll existiert in der Aula eine zweimanualige Orgel. Eine herrliche Gelegenheit, Freistunden zu genießen. Am Colegio Andino schließlich schlage ich die Gründung einer Musikschule vor, denn im Moloch von Bogotá ist es für Schulkinder unmöglich, sich unbegleitet zur Violinenstunde aufzumachen. Die Eltern unterstützen das Projekt großzügig. Über 600 Kinder und Jugendliche lernen heute Klavier, ein ensembletaugliches Instrument oder Gesang. Sie bilden die Grundlage für zwölf Orchester, Bands und Chöre.
Ohne siebzehn Jahre an Schulen im Ausland gewirkt zu haben, säße ich nicht hier und würde dieses Profil formulieren. Die Erlebnisse waren so intensiv, dass es nur einen Weg gab, sie zu verarbeiten: über sie zu schreiben.
Und das tat ich.
Jede/r fühlt sich mal alt. Aber die Frage ist: wie alt?
Alt fühle ich mich in einem Moment, in dem von etwas die Rede ist, das in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren fertiggestellt sein soll. Die Rader Hochbrücke auf der A 7 über den Nord-Ostsee-Kanal zum Beispiel. Sie soll 2029 einspurig befahrbar sein. Werde ich noch darüber fahren oder darüber gefahren werden oder weder das eine noch das andere?
Was ist das Beste im Alter?
Ich kann es nur für mich beantworten: Die große Freiheit.
Was vermissen Sie?
Dinge, die ich einmal gut konnte. Orte, die zu Sehnsuchtsorten geworden sind. Freunde, die leider nicht nebenan wohnen.
Auf was sind Sie stolz?
Auf ein abwechslungsreiches Berufsleben. Darauf, dass ich nicht 40 Jahre und mehr in einem Lehrerzimmer ein und denselben Stuhl durchgesessen habe.
Was hätten Sie gerne früher erfahren?
Im Grunde nichts. Denn so boten die positiven Ereignisse in ihrem Moment Freude, Erleichterung, Glück, die negativen verdarben nicht Lebenszeit, die man noch als sorglos hätte wahrnehmen können.
Was machen Sie am liebsten?
Mich bewegen. Schreiben. Unterrichten.
Was können Sie am besten?
Meine Sekretärin an der Deutschen Schule in Bogotá fragte mich einmal: „Wie schaffen Sie das? Die Eltern gehen traurig oder zornig, weinend oder besorgt in die Gespräche und aus dem Rektorat kommen sie beruhigt, entspannt, ja lächelnd zurück.“
Was wollen Sie gerne mal machen?
Meinen Wirkungsstätten in Südamerika noch einmal einen Besuch abstatten.
Was ist Ihnen wirklich wichtig?
Meine Familie, im weitesten Sinne.
Wo würden Sie gerne drüberstehen?
Ich stehe über dem Genderwahnsinn und den zugehörigen Missionaren.
Was möchten Sie der Welt sagen?
„Du, Mitmenschlein, nimm dich nicht so wichtig! Lebe und handle vernünftig! Auch wenn es nicht immer leicht fällt.“
Kontakt
E-Mail
Beiträge › von Wolfgang Baier bei eigenleben.jetzt