»Und das Wunder nahm kein Ende. Die heimliche und nahezu globale Untergrundbewegung, der ich auch angehörte oder angehöre, nahm sofort ihre lang geplante Arbeit auf. Der Stopp von Erdöl und das totale Verbot des Ressourcenabbaus war nur eine erste Lösung.
Denn der Plan bestand ja darin, die Welt zu einer einzigen zu machen. Ohne Grenzen, ohne Mauern, ohne Trennungen. Jedes Land behielt seine Eigenheiten. Wirtschaftlich, ökologisch, finanziell etc. wurden alle zu einer Weltbevölkerung mit einer Regierung.
Insofern veränderten sich im Lauf der nächsten Zeit viele Entscheidungen und Situationen. Irgendwo mussten wir eben mal anfangen. und niemand wusste, wie das ging. Keiner von uns hatte das je erlebt oder praktiziert, also probierten wir einfach alles Mögliche, was uns gut und wichtig erschien, aus.
Damals gab es zur gleichen Zeit einen internationalen Schamanenkongress, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Welt zu heilen. Diese Heiler*innen wandten sich sofort an die neue Weltregierung und baten, sie unterstützen zu dürfen von ihrer geistigen Ebene her. Sie waren natürlich willkommen.
Die Stimmung war geprägt von dem Motto »Jetzt oder nie!«, und so begann die größte Umwälzung der modernen Geschichte, ungefähr Mitte 2050.
Für uns hieß das, wir müssen handeln oder wir gehen unter. Die Zeit zum Verhandeln, die war abgelaufen.«
»Uff«, sie schnaufte und bat um eine kurze Pause. Das war kein Spaziergang!
Auch die Umwelt verändert sich
»Es war so wundervoll zu erleben, wie die Welt langsam heilte und viele wunderbare Dinge passierten. Wie in einer Kettenreaktion.« Die alte Frau lehnte sich zurück und tauchte wieder in ihre Erinnerungen ein.
»Nach vielen Irrläufern und Fehlern begann die neue Weltordnung Früchte zu tragen. Das Klima reparierte sich in fast allen Bereichen und damit logischerweise die Natur, das Wasser, die Luft, die Erde. Hunger, Armut und etliche Krankheiten verschwanden vollständig.
Und das Artensterben erholte sich zusehends, die Zerstörung der Landschaft, der Berge, der Landwirtschaft. Alles blühte auf. Geradezu erstaunt schienen die Pflanzen und Tiere über das, was mit ihnen geschah. Manche konnten es kaum glauben und blieben lange sehr misstrauisch.
Eine unserer Losungen hieß: »Öffnet die Käfige und Altenheime!« Damit war gemeint, befreien wir alle Tiere aus ihrem Elend (von Massenzucht und dem ganzen Irrsinn der modernen Agrarwirtschaft), aber auch die armen Alten aus den Fängen der Heimhaltung und Entmündigung.
Beides gehörte ja zwangsläufig zu dieser hochkapitalistischen Epoche, dass alle in Schubladen unterteilt und in eigenen Kästen untergebracht wurden. Hauptsache, es machte keinen Spaß, nur weil alles dem Diktat des Profits unterworfen war …
Und nicht die Liebe zu den Lebewesen bestimmte das Dasein, sondern das Verräumtwerden, eine Ruhe geben, günstig sein, sich ohne eigene Ansicht fügen bis zum Tod. Das war das Programm.
Die Leute auf dieser Welt hatten ihre Freude entdeckt irgendwann, dass es Spaß machte, sich umeinander zu sorgen, miteinander etwas zu erreichen. Nicht wegen Geld, sondern damit es Anderen oder Tieren besser ging. Das mit dem Geld als Lockmittel hatte sich auch fast erledigt, seit dem bedingungslosen Grundeinkommen. Und auch seit der Umverteilung aller Riesenvermögen und der Auflösung des weltweiten Rüstungsetats und ähnlicher Aktionen. Geld hatte seinen Wert verloren.
Es war wie wenn eine Sternschnuppe um die Erde sauste und alle mit sich zog in ihrem Sog.«
Green deal und green wall
»Vielleicht muss ich Ihnen noch erzählen, dass es zwei große Projekte damals gab. Eines war der Great green deal, das andere die Great green wall.
Es ging einmal darum, die ganze Technologie, Wirtschaft, Produktion etc. komplett ökologisch umzubauen, es betraf ja das komplette Dasein aller und hatte dermaßen viele Konsequenzen.
Würde es klappen oder war die Gegenseite, die dunkle Macht, in der Überzahl?
Gemeinsam haben wir die Kurve gekriegt, die paar Gutwilligen allein wären sicher gescheitert.
Parallel dazu lief relativ unbeachtet das andere Projekt in Afrika, die grüne Wand. Es war eine herrliche Wand aus lauter Bäumchen und Büschen, die einmal quer durch die Sahara von vielen, vielen Anwohner*innen gepflanzt und gegossen wurde und die zeigte: »Hey Leute, da geht was, da kann man was machen, das ist ein Riesending und es hilft und nützt und bringt uns alle weiter!«
Inzwischen macht man sowas an allen Enden, Ecken und Orten, aber zu der Zeit war es einfach ein Knüller.
Wenn man mal etwas kapiert hat, dann lässt einen die Idee auch nicht mehr los. Und wenn man mal kapiert hat, was man erreichen kann, wenn man große oder kleine Ideen hat, die den Mitmenschen helfen und es kostet im Grunde nichts und bringt allen Freude und alle haben etwas davon und es geht ihnen danach besser – wer sollte diesen Kick nicht auch wollen?«
Mehr Veränderungen stehen an
Die alte Frau war voll in Fahrt und wollte noch etwas sagen, da läutete ihr Telefon. Sie schaute etwas irritiert und meinte, sie müsse leider weg. Als Beraterin wurde sie gebeten, sich möglichst sofort in eine weltweite Konferenz einzuschalten, die in kurzer Zeit begann.
Außerirdische hatten die Disketten vom blauen Planeten im Universum gefunden und wollten die Menschen kennenlernen.
»Wow, was für eine Offerte«, sagte sie und bestieg ihr Solar-Flugtaxi.
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