Der Frühling ist da. Kräftiges sattes Grün bedeckt die Erde. Die Gräser und Blumen wiegen sich im Wind. Ein wunderbarer grüner Teppich, durchwirkt mit gelben Blümchen, deren Namen niemand kennt, die aber so liebe, so zarte, feine Blumengesichter haben. Dazwischen stehen im lila Festgewand das Knabenkraut und wilde rosa Gladiolen.
Verwegen auch der erste vorwitzige Lavendel mit einem lila Blütenblätterschopf auf dem noch nicht ganz aufgeblühten Blütenkopf. Nicht umsonst heißt er Schopflavendel. Die Rosen treiben schon, kleine dunkle Blättchen.
Die wilden Quitten, nur Sträucher hier im rauen Südenwesten, öffnen ihre zartrosa Blüten der Sonne entgegen, schon jetzt eine Verheißung für das duftende, durchsichtige, feinsäuerliche Gelee auf dem Frühstücksbrot.
Und der Rosmarin, unendliches Himmelblau. Die unzähligen winzigen Blütenkelche locken Bienen und Insekten an. Eine Bienenweide, ein Hummeltummelplatz und ein tolles Kraut für den Kochtopf zwischen Kartoffeln und Tomatensoße. Ach herrlich, dieses Drängen und Sprießen ans Licht.
Aber nein! Hier ein Stachelgewächs, dort das silbrige Weiß einer Distel. Einer? Nein, tausender!
Hier dorniger Ginster, schrecklicher Spargel, stechender Mäusedorn, Mastix, Schmerwurz, raue Stechwinde und allgegenwärtig und bedrohlich wilde Brombeeren. Selbst aus alten, knorrigen, trockenen Wurzeln der Baumheide treibt es frisch und grün und will nicht sterben.
Leben, Leben, Sonne, Nahrung, Wasser, so flüstern und schmatzen und saugen diese unliebsamen Gewächse. Fort damit, pfui wie hässlich und fordernd und wuchernd, alles Schöne und Zarte unter sich erstickend. Nein, es darf nicht sein!
Der Garten als Sinnbild für das eigene Leben
An die Arbeit mit Schere, Hacke, wenn es sein muss, mit Pickel. Immer den Blick auf die Erde gerichtet, zur Exekution aller Stachelteile bereit. Die Schönheit ringsum fast vergessend.
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Die Gärtnerin sitzt erschöpft auf der warmen Steinmauer, ihr Werkzeug liegt neben ihr. Sie denkt nach, über sich.
Was ist mit mir? Was wächst in mir und will ans Licht? Was ist alt und knorrig und hält sich blütenlos irgendwo festgekrallt? Was muss ausgejätet werden, um Blühendem Platz zu machen? Was ist durch alte Glaubenssätze, Konventionen, Familiengesetze beschnitten, verkümmert? Wo an meinen Wurzeln nagen Familiengeheimnisse und Verbote?
Was tue ich zur Pflege und Gestaltung meines inneren Gartens?
Hege und pflege ich liebevoll mein Selbst? Oder lasse ich es verwahrlosen, vertrocknen? Packe ich das vermeintliche Übel bei den Wurzeln wie das alte, verwachsene Wandelröschen, das schon lange nicht mehr blüht?
Mit dem Einsatz all meiner Kräfte habe ich den halbtoten, verwachsenen Wurzelstock ausgegraben. Habe gezogen und gezerrt, gestöhnt und geächzt, bis die Knolle draußen war. Und nun sehe ich vor mir die brachliegende, offene, lockere, leere Erdgrube.
In meiner Erschöpfung wird sie auf einmal lebendig, schaut mich an, still und ernsthaft und fragt stumm:
Was willst du nun da hinein pflanzen? Was ist dir wichtig? Kann hier Neues gedeihen und blühen?
Oh, so ein mediterraner Garten im März ist eine Herausforderung.
Was sagen Sie dazu?