Marianne Faille-Häberle ist seit vielen Jahren meine Yogalehrerin › . Der Termin bei ihr ist mir immer wichtig, und ich versuche alles, jeden Dienstag in München zu sein, wenn sie dort Yoga in französischer Sprache anbietet, oder, wenn das mal nicht geht, zumindest online mitzumachen.
Hin und wieder geschieht es aber auch, dass Marianne eine Yoga-Stunde absagen muss, weil gerade in München eine (französischsprachige) Frau ein Kind zur Welt bringt. Dann ist sie nämlich als Doula gefragt, und alle Yoga-TeilnehmerInnen wissen, dass solche Momente Vorrang haben.
Was macht eine Doula?
Aber was ist eine Doula? Und was macht sie genau?
Ich habe auf Mariannes Webseite ›› nachgesehen und auch im Netz recherchiert und Folgendes herausgefunden:
Der Begriff Doula kommt aus dem Griechischen und bedeutet »Dienerin«. Heute bezeichnet er eine Frau, die werdende Mütter (und auch ihre Partner) vor, während und nach der Geburt begleitet. Sie übernimmt damit die Rolle, die früher, als Frauen ihre Kinder noch vor allem zuhause geboren haben, von weiblichen Verwandten, Freundinnen oder anderen Vertrauenspersonen wahrgenommen wurde, nämlich der Gebärenden ermutigend zur Seite zu stehen und sie allein durch ihr Da-Sein und ihren Zuspruch zu unterstützen.
Doch da Frauen in vielen Ländern ihre Kinder heute meist im Krankenhaus zur Welt bringen und dort niemand mehr wirklich Zeit hat, sich um das seelische Wohlbefinden und die Sorgen der Gebärenden zu kümmern, ist diese Tradition der Geburtsbegleitung immer mehr verloren gegangen.

Wie wird man eine Doula?
Um die aus dem Gefühl der Verlassenheit und des Ausgeliefertseins entstehenden Ängste, die sowohl die Mutter als auch das Kind stressen und zu negativen Geburtserfahrungen führen können, zu mindern, ist schon in den 1970er Jahren in den USA die Geburtsbegleitung durch erfahrene Frauen entwickelt worden. Und seit einigen Jahren wird die Arbeit der Doula, wie man solche Frauen in den USA genannt hat, auch in Deutschland immer bekannter.
Dabei ist der Begriff Doula keine geschützte Berufsbezeichung. Wer als Doula arbeiten möchte, macht eine entsprechende Ausbildung, die den Umgang mit Schwangeren, Hintergrundwissen zur Geburt und praktische Übungen umfasst. Eigene Geburtserfahrungen sind dabei nicht überall zwingend erforderlich, aber sie sind doch sehr hilfreich, denn eine Frau, die selbst schon Kinder geboren hat, kann sich natürlich viel besser in die Gefühlslage einer werdenden Mutter hineinversetzen.
Doch da die Doula keine medizinische Ausbildung hat, ersetzt sie in keinem Fall die Hebamme. Sie ist eher eine Art »Hebamme für die Seele«, wie es Denise Wilke ›› einmal ausgedrückt hat, die als Doula in Berlin arbeitet.

Ein spannendes Thema, das kaum jemand kennt
Ich fand dieses mir bisher völlig unbekannte Thema sehr spannend, und als ich feststellte, dass auch in meinem Bekanntenkreis niemand je davon gehört hatte, habe ich beschlossen, etwas darüber zu schreiben. Und so habe ich Marianne gebeten, mir mehr über ihre Arbeit als Doula zu erzählen.
Lang haben wir nach einem passenden Termin für unser Gespräch gesucht, aber es war schwierig. Vor kurzem dann hat es schließlich geklappt: es waren Faschingsferien, Marianne hatte frei und Zeit für unser Treffen, bei mir standen auch gerade keine Termine an, und so haben wir uns für ein Gespräch verabredet.
Das Wetter war schön und wir vereinbarten, dass Marianne hierher zu uns an den Wörthsee kommen sollte – vielleicht hatten wir nach dem Interview ja noch Zeit, einen Spaziergang zum See zu machen.
Die S-Bahn kam – ausnahmsweise – pünktlich und bevor wir uns an die Arbeit machten, setzten wir uns noch kurz auf den Balkon, um das frühlingshafte Wetter zu genießen.
Dann setzten wir uns an den Tisch und es entwickelte sich ein Gespräch, bei dem ich viel gelernt und auch festgestellt habe, wie unendlich schade es war, dass es zu der Zeit, als ich meine eigenen Kinder geboren habe, noch keine Doulas gegeben hat. Doch dazu später …

Mariannes Gründe, als Doula zu arbeiten
Meine erste Frage an Marianne war, wie sie auf die Idee gekommen ist, als Doula zu arbeiten. Spielten da eigene Erfahrungen eine Rolle?
Marianne hat bestätigt, dass das bei ihr tatsächlich so war. Und sie hat mir die Geschichte von der Geburt ihres ersten Sohnes erzählt, vor mehr als dreißig Jahren, als sie, die Pariserin, erst seit kurzem in Deutschland lebte und noch nicht so gut deutsch sprach.
»Während der Geburt ist es zu unvorhergesehenen Problemen gekommen und man hat mich für einen Not-Kaiserschnitt in den OP gebracht. Damals hab ich überhaupt nicht verstanden, was passiert ist, niemand hat versucht, mir zu erklären, was los war. Das deutsche Wort Kaiserschnitt hatte ich noch nie gehört, ich hatte große Panik und ich hab mich total alleingelassen gefühlt. Das alles war absolut traumatisch für mich! Erst als ich später das Baby im Arm gehalten habe und alles gut war, hab ich mich wieder erholt und den Schock überwunden!«
Auch ihre beiden anderen Kinder hat Marianne im Krankenhaus geboren, beide Male ohne medizinische Probleme, »aber ich hab mich bei den Entbindungen wieder sehr allein gefühlt.«
Diese Erfahrungen, sagt sie, waren durchaus wichtig für ihre Entscheidung, als Doula zu arbeiten, aber nicht nur:
»Das Thema Geburt hat mich schon immer fasziniert, ich weiß nicht warum, aber es ist so … Dazu kam, dass ich schon als Teenager mit Yoga angefangen habe. Das hat mir in schwierigen Phasen immer sehr geholfen. Und so habe ich auch während meiner Schwangerschaften regelmäßig Yoga gemacht. Yoga gibt einem ein besonders tiefes Gefühl für den Körper, und durch die Yoga-Atmung habe ich die Schmerzen während der Geburt besser ertragen. Diese Erfahrungen wollte ich dann auch gern weitergeben.«

Die hilfreiche Rolle von Yoga
So hat sie während ihrer dritten Schwangerschaft die Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht, bei der Prüfung war sie hochschwanger. 1998 war das.
2015 hat sie dann in Paris eine Zusatzausbildung für prä- und postnatales Yoga bei der Ärztin und Yogalehrerin Bernadette de Gasquet ›› absolviert, die eine eigene Methode entwickelt hat, um Frauen auf die Mutterschaft vorzubereiten.
Zusätzlich zum normalen Yogaunterricht hat Marianne dann in der Münchner Beratungsstelle für Natürliche Geburt und Elternsein e.V. als Externe Yoga für Schwangere in französischer Sprache angeboten.
»Ich hatte sehr schnell eine große Gruppe zusammen, und die sind heute immer noch miteinander befreundet! Die Frauen in der Gruppe haben mich irgendwann gefragt, ob ich nicht auch Yoga nach der Geburt anbieten möchte. Das hab ich dann auch gemacht.«
In der Beratungsstelle für natürliche Geburt wurden damals schon Geburtsvorbereitungskurse in verschiedenen Sprachen angeboten, Französisch aber fehlte noch. Und so hat man Marianne schließlich gefragt, ob sie nicht auch die Ausbildung zur Geburtsbegleiterin für französischsprachige Mütter machen wolle.
»Das hat mich sehr interessiert, und auf den Rat der Leiterin der Beratungsstelle hin habe ich zwei Jahre lang die GfG ›› -Ausbildung mit dem Modul Geburtsvorbereitung und Babymassage absolviert. Für das Zertifikat musste ich auch ein Geburtspraktikum vorweisen. Es war aber nicht einfach, in den Entbindungskliniken ein Praktikum zu bekommen. Also hab ich die französischsprachigen Schwangeren in meinen Kursen gefragt, ob sie damit einverstanden wären, dass ich ihre Entbindung begleite, und einige waren sofort dazu bereit.
Die Erfahrungen bei diesen Praktika haben mir bewusst gemacht, wie wertvoll die Geburtsbegleitung für die Frauen war. So habe ich durch learning by doing viel gelernt, und ich bin jetzt also zertifiziert als Familienbegleiterin von Anfang an, mit dem Modul Geburtsvorbereitung und Babymassage.«
Und so läuft es ab
Schon zu Beginn der Schwangerschaft gibt es zwischen den werdenden Eltern und der Doula Gespräche, bei denen sich man sich kennenlernt und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann.
»Wichtig ist es, dass die Wellenlänge stimmt, dass man sich versteht«, erklärt Marianne. »Bisher ist es nur ein einziges Mal vorgekommen, dass eine Vereinbarung nicht zustandegekommen ist, weil es zwischen uns nicht geklappt hat.«

Wenn alles gut läuft, einigt man sich über den Umfang der Leistungen, die die Eltern wünschen. Für ihre Arbeit bietet Marianne einen Fixpreis an oder man sucht sich aus, welches ihrer Angebote man wahrnehmen möchte. Alle Informationen dazu findet man in ihrem Flyer oder auf ihrer Webseite.
»In der Hauptsache aber geht es darum, während der Entbindung für die Frau da zu sein, zu sehen, was sie braucht, ihr zu übersetzen, was das Krankenhauspersonal sagt.
Aber auch die werdenden Väter brauchen viel Unterstützung, sie fühlen sich manchmal ein bisschen verloren. Ich beziehe die Väter mit ein, zeige ihnen, wie sie ihre Frau massieren können, wie sie mit ihr atmen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Männer immer dabei sein wollen, dass sie sehr daran interessiert sind, wie sie ihre Frau unterstützen können.«
Rufbereitschaft rund um den Geburtstermin
Marianne nimmt sich etwa einen Monat Zeit für eine Frau, die sie gebucht hat: zwei Wochen vor und zwei Wochen nach der Geburt steht sie für Gespräche, für die Klärung offener Fragen und auch für praktische Hilfe zur Verfügung. Rund um den voraussichtlichen Geburtstermin hat sie Rufbereitschaft, und das rund um die Uhr.
»Die Frauen sollten dann frühzeitig Bescheid geben, wenn sie das Gefühl haben, dass es los geht. Lieber nochmal absagen, als sich zu spät zu melden! Und bei regelmäßigen Wehen oder einem Blasensprung unbedingt sofort informieren! Ich brauche dann noch etwas Zeit, um eventuell einen Kurs abzusagen, auch kurzfristig. Die KursteilnehmerInnen haben Verständnis, weil sie wissen, dass ich das mache.
Die Zeit der Rufbereitschaft ist natürlich auch ein bisschen stressig. Ich schlafe dann nicht so gut … wenn ich abends ins Bett gehe, frage ich mich, ob es wohl heute Nacht losgeht? Und es geht eigentlich immer nachts los. Warum das so ist, weiß ich auch nicht …«

Besondere Härtefälle
»Sehr wichtig ist die Unterstützung nach der Geburt. In den ersten drei Wochen ist es oft schwierig für die jungen Eltern. Sie haben viele Fragen, zum Stillen, zur Ernährung, zum Schlaf undsoweiter.
Für die Tätigkeit als Doula Post Partem, also für die Zeit nach der Geburt, habe ich noch eine Weiterbildung gemacht. Und da es in München nicht einfach ist, eine Hebamme zu finden, helfe ich oft auch da bei der Suche.«
Wichtig ist Mariannes Arbeit vor allem für alleinstehende oder sehr junge Mütter oder auch für französischsprachige Flüchtlingsfrauen aus afrikanischen Ländern.
»Diese Frauen brauchen ganz besonders Unterstützung, denn sie sind fast immer traumatisiert und oft ganz allein. In der Häberlstraße 17 gibt es eine Hebamme, die in solchen Fällen zur Verfügung steht und mit der ich dann zusammenarbeite, genauso wie mit der Sozialarbeiterin der Einrichtung, in der die Frau untergebracht ist. Dasselbe gilt für minderjährige Schwangere – auch hier ist eine Sozialarbeiterin bei der Entbindung dabei, die die Verantwortung übernimmt.«
Hilfe für die Doula nach belastenden Erlebnissen
Ich möchte wissen, was es für sie bedeutet, wenn sie bei einer komplizierten Geburt dabei ist, eventuell bei einer Totgeburt – hat sie einen solch tragischen Fall schon einmal erlebt?
»Bis jetzt noch nicht, Gottseidank. Aber wenn eine Geburt schwierig ist, die Frau vielleicht einen Not-Kaiserschnitt braucht, dann ist das sehr belastend auch für mich. Ich bleibe dann allein im Entbindungsraum zurück, niemand hat Zeit, mir etwas zu erklären … Einmal ist es passiert, dass das Baby nach der Geburt nicht mehr geatmet hat. Alle waren bestürzt, das Baby wurde weggebracht, die Mutter hat geschrien. Ich selbst war auch schockiert, aber ich musste die Frau beruhigen, sie trösten, für sie da sein … zum Glück ist dann doch alles gut gegangen. Und einmal war ich bei einem medizinisch indizierten Kaiserschnitt im Operationssaal dabei, um der Mutter auf ihren eigenen Wunsch hin beizustehen …
Nach solchen belastenden Fällen kann ich eine Supervision in Anspruch nehmen.«

Unterstützung in schwierigem Umfeld
»Eine Doula kann übrigens auch eine Abtreibung begleiten, viele wissen das nicht. Eine Abtreibung ist oft ein Schock für die Frauen, egal, aus welchem Grund sie es tun, und dann bin ich während dieser schlimmen Erfahrung für sie da. Leider ist das medizinische Personal in solchen Situationen oft nicht sehr feinfühlig …
Aber auch bei einer normalen Entbindung im Krankenhaus gerät die Frau oft von Anfang in eine Art medizinische Maschinerie, sie wird behandelt wie eine Kranke.
In einem Geburtshaus ist das anders, da stehen der werdenden Mutter zwei Hebammen zur Verfügung, alles läuft viel entspannter und angenehmer ab.
Deshalb wird eine Doula da nicht wirklich gebraucht.
In der Klinik kann ich viel mehr helfen. Die Frau – oder das Paar – ist dort die meiste Zeit allein. Die Hebamme kann nicht die ganze Zeit dabei bleiben. Oft ist sie gestresst, das wirkt sich natürlich auf die Stimmung im Kreißsaal aus. Oder die Hebamme hat Schichtwechsel und es kommt eine neue, fremde Person. Da ist es sehr hilfreich, wenn eine Vertrauensperson wie die Doula einfach immer da ist. Du bist dann wie eine Schwester, eine gute Freundin … so wie es früher ja bei den meisten Geburten, die zuhause stattgefunden haben, war.
Bis vor einiger Zeit war es übrigens auch bei Krankenhausgeburten öfters noch üblich, dass eine oder mehrere Vertrauenspersonen bei der Entbindung dabei waren. Aber das wurde vom Personal als zu störend empfunden und ist nach und nach abgeschafft worden.«
Leider, sagt Marianne, hat sie manchmal das Gefühl, dass auch sie selbst nicht willkommen ist.
»Man ist dann teilweise sehr unfreundlich zu mir, lässt mich spüren, wer der Chef ist – so als ob man mich als Konkurrenz betrachten würde. Vielleicht störe ich auch, weil ich ja für die Wünsche der Mutter da bin und möglicherweise ist es manchmal einfach zu viel vom Personal verlangt, diese Wünsche dann auch zu erfüllen.
Meistens aber arbeite ich gut mit dem Team zusammen.«
Eine intime Situation
»Die Beziehung zwischen der Doula und der jungen Mutter – oder auch dem Paar – ist insofern besonders, als man gemeinsam eine sehr intime Situation erlebt. Und wenn dann alles vorbei ist, bist du weg … Damit hab ich immer mal wieder ein Problem. Du bist eine Zeitlang so eng zusammen, und dann musst du gehen und die junge Familie allein lassen. Es ist, wie wenn du deine eigenen Kinder loslassen musst. Das ist nicht einfach. Aber es bleibt mir doch die Erinnerung an die schöne Erfahrung mit der Familie.«
Ich frage Marianne, ob sie schon mal eins der Kinder, deren Geburt sie begleitet hat, später wiedergesehen hat? Und sie erzählt mir die folgende kleine Geschichte:
»Einmal habe ich im Supermarkt Leute miteinander reden gehört und die Stimmen sind mir bekannt vorgekommen, doch ich konnte die Leute nicht sehen. Aber da war ein Junge, vielleicht vier oder fünf Jahre alt, und der hat mich angeschaut, als ob er mich kennen würde und ich habe auch gedacht, den Kleinen kenn ich doch … und dann hab ich die Eltern gesehen und das war tatsächlich das Paar, das ich bei der Geburt von genau diesem kleinen Jungen begleitet habe.
Das war schon eine wirklich seltsame Geschichte!«
Auswirkungen der Geburtsbegleitung durch eine Doula
In einer Studie habe ich gelesen, welche wohltuenden Effekte die Anwesenheit der Doula bei der Geburt auf die Frau und ihr Kind während der Wehen- und Geburtsphase, aber auch auf die Zeit davor und danach hat:
Die ständige Gegenwart der Doula, ihre emotionale Unterstützung und ihre praktischen Ratschläge – all das tut den Frauen gut. Die Geburt gewinnt dadurch eine menschlichere Dimension, die bei den institutionellen Routineabläufen in den Krankenhäusern oft verloren geht.
Es wurde auch festgestellt, dass es zu mehr Spontangeburten – also vaginalen Geburten ohne Saugglocke oder Geburtszange – und weniger Kaiserschnitten kommt, dass die Wehen oft kürzer sind und dass die Gebärenden weniger Schmerzmittel brauchen. Auch Wochenbettdepressionen gibt es seltener. Und auf die Gesundheit und das Befinden des Babys nach der Geburt scheint sich die Begleitung der Mutter ebenfalls günstig auszuwirken.
»Es ist ein schönes Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen«
Was macht das mit einem, wenn die eigene Arbeit so rundum positive Ergebnisse hat?
»Ja, es ist ein schönes Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen. Oft bin ich selbst sehr gerührt, wenn dann das Baby da ist. Da kommen so viele Emotionen hoch … Meistens bleibe ich noch ungefähr zwei Stunden da, halte mich im Hintergrund, für den Fall, dass man mich noch braucht, mache erste Fotos von der jungen Famlie …
Es ist auch schön, mitzuerleben, wenn eine Frau aufgrund meiner Arbeit auf die PDA ›› verzichtet, die übrigens in Frankreich viel öfters angewendet wird als in Deutschland. Die Frauen sind dann ganz glücklich, dass es trotzdem gar nicht schlimm war, dass sie alles auch viel bewusster erleben konnten, und es ist ein unglaublich schönes Gefühl für mich, dass das, was ich tue, so einen positiven Effekt hat.
Ja, ich liebe wirklich, was ich tue. Und ich kann mir für mich keinen anderen Beruf vorstellen als den der Doula und der Yogalehrerin.«
Ich frage Marianne, wieviel Zeit sie in diese Arbeit steckt, von der sie, wie sie nebenbei erwähnt, nicht leben könnte.
»Dreimal in der Woche arbeite ich in der Häberlstraße 17, gebe Yoga für die Geburtsvorbereitung und die Zeit danach und mache die Elternsprechstunde, alles in französischer Sprache. Es gibt dort auch regelmäßig Fortbildungen und Seminare, an denen ich teilnehme.
Eine Fortbildung, zum Beispiel, habe ich gemacht, damit ich auch FenKid-Kurse geben kann. FenKid ›› bedeutet Frühe Entwicklung des Kindes begleiten und ist von der Häberlstraße 17 entwickelt worden. Bei den Kursen werden Eltern angeleitet, wie sie ihren Kindern Raum zur eigenen Entwicklung geben können, entsprechend dem Satz von Maria Montessori, die gesagt hat: ‚Das Kind ist kein Gefäß, das man füllt, sondern eine Quelle, die man sprudeln läßt.‘
Die Kinder dürfen dann spielen und sich frei bewegen … das ist immer sehr schön!«
Warum Frauen sich die Begleitung einer Doula wünschen
Im Lauf der zehn Jahre, in denen Marianne als Doula arbeitet, war sie bei ungefähr zwanzig Geburten dabei:
»Das ist nicht viel, aber während Corona hab ich ja nicht arbeiten können. Bis jetzt ich bin in München die einzige Doula, die die Geburtsbegleitung in französischer Sprache anbietet.
Oft kommen Frauen, die bei der ersten Geburt keine schöne Erfahrung gemacht haben, zu mir und möchten für die nächste Geburt meine Unterstützung. Andere kommen, weil es das erste Mal ist und sie sich unsicher fühlen und wollen, dass ich sie begleite. Oder sie haben schon eine Geburt mit Doula-Begleitung erlebt und möchten das wieder so haben.
Manchmal kommen junge Französinnen zu mir und sagen, sie würden auch gern als Doula arbeiten. Meist haben sie kleine Kinder und ich sage dann, hm, das kann schwierig werden mit der Rufbereitschaft. Du musst dann wirklich Unterstützung von deiner Familie haben, sonst geht das nicht.«
Marianne selbst hat dieses Problem nicht: ihre eigenen Kinder sind erwachsen und aus dem Haus, und so kann sie sich mit all ihrer Energie und Kraft für die Menschen einsetzen, die ihre Hilfe brauchen und zu schätzen wissen.

Meine persönliche Erinnerung …
Zum Schluss noch eine private Bemerkung: vor 56 Jahren habe ich mein erstes Kind geboren. Ich war zwanzig Jahre alt, nach damaligem Recht also noch minderjährig. Ich hatte große Angst vor der Geburt. Als die Wehen einsetzten, wurde ich in die Klinik gebracht. Es war ein von Ordensfrauen geführtes Krankenhaus. Die Nonnen ließen mich von Anfang an spüren, was sie von einer so jungen Gebärenden hielten.
Mein Kind kam morgens gegen fünf Uhr zur Welt, es war am Ostersonntag. Wenige Stunden nach der Geburt wurde ich aufgefordert, am Ostergottesdienst in der Krankenhauskapelle teilzunehmen. Ich war dazu nicht in der Lage. Ich wurde daraufhin noch unfreundlicher behandelt und so gedemütigt, dass ich mich sehr schlecht fühlte und das Krankenhaus so schnell wie möglich verließ. Noch lange danach litt ich unter Scham- und Schuldgefühlen.
All das wäre mir bestimmt erspart geblieben, wenn es damals schon die Unterstützung und den seelischen Beistand einer Doula gegeben hätte …
Was sagen Sie dazu?