Da trafen wir 17 Senioren-Frauen und ein Mann (mutig!) nun im Frühsommer mitsamt unseren beiden LeiterInnen Christine Hasting und Rainer Wallbaum am Flughafen ein: für eine Tanzwoche in Volos/Griechenland. Für einige von uns das erste, für mich schon das zweite Mal. Unser „Küken“ erst 58 Jahre, unsere Älteste 82, wir anderen irgendwo dazwischen. Vom Flughafen Volos aus nochmal gute zwei Stunden hinein in die grüne Halbinsel Pilion; dann Ankunft in der entlegenen idyllischen Hotel-Anlage „Leda“; komfortable Unterbringung in Einzelzimmern mit Du/WC.
Was Tanz und Malerei vereint
Nach dem Frühstück jeweils ein von Mini-Päuschen durchsetztes strammes Vormittagsprogramm:
90 Minuten „Tanzerlebnis“ mit Christine Hasting, wie ich es von meiner Dienstags-Klasse in München gewohnt bin: Ausführliches Body-warm-up mit Körperwahrnehmung und Dehnübungen; dann Einüben von Tanzsequenzen (tänzerischen Elementen des Modern Dance) mit langsamer Steigerung
des Schwierigkeitsgrads in Bewegungsablauf, Körperkoordination (links – rechts, Ober-, Unterkörper) und Achtsamkeit für das Miteinander. Danach eine Stunde „Intuitives Malen“ für uns Mal-Ungeübte mit Rainer Wallbaum: Einfachste Grundelemente wie Fläche, Strich, Punkt, Farben, mit denen wir unsere Blätter intuitiv gestalten. Mangels adäquaterer Ausstattung sitzen wir im Tanzraum am Boden und fertigen unsere Werke mit Jackson-Ölkreiden. Und dann wieder 90 Minuten tänzerisches kreatives Umsetzen der Malelemente: Wie tanze ich „Strich“, wie „Punkt“, wie „Fläche“? Welche Impulse und Bewegungen kommen mir dazu? Improvisation! Wie bringe ich meine Bewegungen zu einer für mich stimmigen wiederholbaren Komposition?
Wir bewundern, was die einzelnen von uns da kreiert haben. Wie angenehm, dass es kein „richtig und falsch“ oder „du besser, du schlechter“ gibt! Spätestens gegen 14 Uhr dann die verdiente lange Pause von vier Stunden: Entweder Imbiss im angrenzenden wunderschön gestalteten Café Casablanca oder in der Strandbar. Oder gleich zum Schwimmen und Sonnen an den hoteleigenen kleinen Strand?
Das Zirpen der Zikaden – Tanzen mit Körper und Geist
Für ganz engagierte Maler bietet Rainer in dieser Lang-Pause eine Extrastunde Malen an. Ich entscheide mich für die Strand- und Ruhepause. Für uns alle dann wieder von 18 bis 19.30 Uhr: Das Kreieren und Einüben eines Tanztheaterstücks, wie Christine Hasting und Rainer Wallbaum es auch wöchentlich in München anbieten. Unser Thema diesmal: „Wenn die Zikaden verstummen…“ Beginn mit Brain-Storming für alle: Was kommt uns dazu in den Sinn?
Zunächst mal die ganz konkreten Dinge: Ja, wenn sie verstummen, ist sicherlich die für das Gekrächze adäquate Jahres- oder Tageszeit vorbei. Aber auch andere, durch die Nöte unserer Zeit gegebene Phantasien: Wo sind die Zikaden geblieben? Was könnte ihnen zugestoßen sein? Naturkatastrophe? Hoffentlich doch nicht am Aussterben? Rainer, unser Regisseur, entscheidet sich in Absprache mit Christine (unserer Choreographin und Lehrerin) für die „sommerlichere“ (so nenne ich es jetzt mal) Variante: Wir spielen eine mediterrane Dorfgemeinschaft, stellen zunächst die in den Bäumen zirpsenden Zikaden dar, dann mit der vorrückenden Mittagszeit das naturgegebene Verstummen, das Versinken von uns Dorfbewohnern in hitze-erfüllte Lethargie, das Wiederaufleben, wenn die Sonne gesunken und die Zikaden verstummt sind, ins sich Herausputzen für Geselligkeit und Tanz in den Abendstunden …
Wir üben das Stück so ein als würden wir es zum Schluss Zuschauern vorführen. Wir haben aber nur eine, wenn auch sehr kompetente Zuschauerin: Petra Nowak, die mit ihrer „Pilion-Summer-Academy“ unseren LeiterInnen und uns allen den ideellen und organisatorischen Rahmen bietet für unsere Tanzwoche. Sie fotografiert und macht sogar ein kleines Video.
Tanzen wie in Griechenland geht auch in München – speziell für die Generation 60+
In München gibt es im Hasting Studio ›› für TeilnehmerInnen ab 60+ zweimal pro Jahr Tanztheater-Projekte, in denen jeweils über fünf bis sechs Monate ein Stück erarbeitet, eingeübt und vor realen ZuschauerInnen aufgeführt wird. Seit ich das einmal mitgemacht habe, weiß ich, wieviel Einsatz und Engagement von LeiterInnen und DarstellerInnen es braucht, bis ein Stück aufführungsreif ist. Aber es ist auch ein unvergessliches Erlebnis, was ich niemals missen möchte. Ganz zu schweigen von dem darin enthaltenen Körper- und Geist-Rundum-Training.
Hätte ich nicht vor drei Jahren zufällig eine kleine Zeitungsnotiz darüber gefunden, hätte ich niemals gewusst, dass sowas Wunderbares speziell für Menschen unserer Altersklasse in München angeboten wird. Ja, und dann kam mir, dass ich unbedingt mal darüber schreiben muss. Es wäre ja möglich, dass das viel mehr Senioren-Frauen und -Männer begeistern könnte. Es findet ja nicht jeder zufällig die kleine dann und wann erscheinende Zeitungsnotiz …
Was sagen Sie dazu?