Anfang der 80er Jahre lernte ich über Freunde eine italienisch-deutsche Theatergruppe in München kennen. Michele Oliveri war der Regisseur der Truppe, er testete mich und ermutigte mich, mitzumachen. Er war ein sehr strenger Regisseur, der es verstand, aus seinen Schauspielern alles herauszuholen, was an Talent in ihnen schlummern mochte.
Ich spielte einen Pianisten
Das erste Stück, bei dem ich dabei war, war eine Eigenproduktion. Michele besetzte mich als Pianisten. Ich liebte diese Rolle! Ich ließ mir einen Männerhaarschnitt verpassen, mit Seitenscheitel und ausrasiertem Nacken, trug auf der Bühne eine schwarze Männerhose, ein weißes Hemd, Hosenträger und eine Fliege.
Meine Rolle war nicht besonders wichtig. An bestimmten Stellen des Stücks spielte ich Klavier und sang dazu. Und an einer Stelle setzte sich die Hauptdarstellerin auf meinen Schoß.
Ich erinnere mich, dass ein schwuler italienischer Freund nach einer Aufführung zu mir sagte: „Wenn ich nicht wüsste, dass du eine Frau bist …“ Das empfand ich als großes Kompliment!
Das Stück war ziemlich erfolgreich, wir gingen damit sogar auf Tournee.
Wiedersehen nach mehr als 30 Jahren
Später ging Michele zeitweilig nach Italien und wir haben uns aus den Augen verloren.
Und nun, nach mehr als 30 Jahren, haben wir uns anlässlich des Video-Drehs für eigenleben.jetzt wieder getroffen.
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Damals noch ein junger Schauspieler, hat er in den vergangenen Jahrzehnten Karriere gemacht, und zwar in beiden Ländern, die ihm Heimat sind: Deutschland, wo er als Sohn italienischer Eltern geboren ist, Italien, wo er einen Großteil seiner Kindheit bei den Großeltern verbracht hat.
Auch wenn er für lange Zeit ein Identitätsproblem hatte, weil er sich in beiden Ländern zuhause fühlte, ist es ihm doch gelungen, das Beste daraus zu machen und beide Seelen in seiner Brust zu Wort kommen zu lassen.
Er ist in Deutschland und in Italien als Schauspieler gefragt
Heute ist Michele Oliveri ein gefragter Film- und Theaterschauspieler, sowohl hier als auch in Italien, wo er seit einigen Jahren seinen Hauptwohnsitz hat. Daneben produziert er eigene Filme, arbeitet weiterhin als Regisseur, bietet Workshops und Kurse an, in denen er junge (und ältere) Menschen dazu bringt, ihr Talent zu entdecken und darüber zu sich selbst zu finden. Genau wie damals.
Ich habe mich sehr gefreut, Michele nach all diesen Jahren wieder zu treffen, und es ist schön, dass er so erfolgreich ist!
Das Video mit Michele Oliveri (Kamera, Schnitt & Regie: Iván Sáinz-Pardo, Redaktion: Anne Bauer, Ulrike Ziegler) wurde erstellt mit freundlicher Unterstützung des Migrationsbeirats der Landeshauptstadt München.
[…] den 80ern des letzten Jahrhunderts, habe ich zusammen mit Mitgliedern unserer deutsch-italienischen Theatergruppe › ein italienisches Steh-Bistro gegenüber der Münchner Neuen Pinakothek betrieben. Ich gehörte […]